Wasser- und Nährstoffaufnahme
Sukkulente Pflanzen haben an ihren Heimatstandorten viel mehr Nährstoffe zur Verfügung, als im Allgemeinen bekannt ist. Die Gründe liegen in der völlig entgegengesetzten Wasserdynamik dieser Gebiete, an bisher weitgehend unbekannten mikrobiellen Aktivitäten sowie an der Art der Wurzelbildung.
Überschuss an Niederschlagswasser in Mitteleuropa
Unter unseren mitteleuropäischen humiden Bedingungen übersteigt die Menge des Niederschlagswassers diejenige der Verdunstung. Dieser Überschuss speist das Grundwasser. , ist aber auch verantwortlich für den Transport von löslichen Stoffen in tiefere Schichten, wie zum Beispiel die Nitrat Auswaschung.
Unter diesen Bedingungen entsteht im feuchten Klima eine mehr oder weniger deckende Vegetationsschicht und ein feiner Oberboden. Durch die Vegetation wird organisches Material beigetragen, das durch entsprechende Tätigkeit von Mikroorganismen letztendlich mineralisiert wird. Das heißt, die organischen Abfälle dienen später als Mineralien den neuen Pflanzen zur Ernährung. Bei diesem Prozess werden Humusstoffe gebildet. Die natürliche Pflanzenernährung kommt damit zu einem großen Teil aus der organischen Substanz.
Wasser in Trockengebieten
Wir haben gesehen, dass sich die meisten Gebiete, in denen Sukkulenten vorkommen durch Trockenheit auszeichnen. In ariden Klima gibt es weniger Niederschlag als die mögliche Verdunstung ist, es steigt daher der Tendenz nach mehr Wasser auf und verdunstet, als Niederschlag das Grundwasser bereichert. Unter diesen trockenen Bedingungen entwickelt sich nur eine sehr spärliche Vegetation, damit einhergehend findet auch keine oder nur sehr geringe Oberbodenbildung, mit geringstem organischem Anteil, statt. Für die Pflanzen spielt der Nährstoffgewinn aus der Zersetzung pflanzlicher Rückstände so gut wie keine Rolle.
Wasserdynamik im Boden
von humiden Gebieten
Niederschlagshäufigkeit
Stammsukkulenten können besonders sparsam mit dem gespeicherten Wasser umgehen. Sie gedeihen vor allem dort, wo ihnen eine geringe Regenmenge, diese aber wenigstens einmal pro Jahr angeboten wird. Es gibt Beispiele, in denen Kakteen bis zu 7 Jahre ohne Regen überlebten, das ist dann aber auch nur den größten und stärksten Exemplaren möglich. So kann ein 15 Meter hoher Saguaro (Carnegiea gigantea) 2000 bis 3000 Liter Wasser speichern.
Carnegia gigantea
Während der Kaktus übrigens von seinem Speicher zehrt, schrumpft naturgemäß das Volumen. Durch den sogenannten Zieharmonika-Effekt der Rippenbildung, ist das ohne Schaden möglich und ebenfalls die rasche Volumenerhöhung nach Niederschlag, wenn das Reservoir wieder aufgefüllt wird. Wie der Balg einer Zieharmonika dehnen sich die Rippen aus und vergrößern so das Volumen.
Wie erschließen Sukkulenten das Wasser?
Je trockener ein Gebiet ist, desto weiter rücken die einzelnen Pflanzen auseinander, desto mehr Bodenraum brauchen sie für die Wasseraufnahme. Um das Wasser aus einem größeren Bodenraum entnehmen zu können, muss die Pflanze ein größeres Wurzelsystem ausbilden. Dabei greifen die wenigsten Wüstenbewohner nach dem Grundwasser mit ihren Wurzeln, so auch die Sukkulenten. Sie bilden dagegen ein sehr weit ausgedehntes Wurzelsystem, das flach unter der Oberfläche streicht. Während Trockenphasen sterben übrigens die Feinwurzeln von Kakteen ab. Sofort nach Niederschlägen bilden sie sich neu und Haarwurzeln wachsen, die mit hohem Wurzeldruck (saugdruck) auch kleinste Spuren von Wasser aufnehmen können.
Man hat herausgefunden, dass es Kakteenarten gibt, die selbst kleinste Mengen an Luftfeuchtigkeit über die Dornen aufnehmen können. Dabei kämmen die Dornen der Kakteen die Luft nach Tau durch, Tropfen kondensieren, rinnen an den Dornen herab, werden durch die Haarpolster an deren Basis aufgenommen und an den Pflanzenkörper abgegeben. Größere Mengen rinnen in den Rippen herab und werden vom flachsteichenden Wurzelsystem aufgenommen. Ähnlich funktioniert das auch mit Nebel in den beinahe regenfreien Küsten-Nebelwüsten Chiles und Namibias.
Die Ernährung der Pflanzen in der Wüste
Im ariden Klima spielt das Freiwerden von Mineralien aus dem Boden eine sehr wichtige Rolle. Nicht selten stammen sie aus ehemaligen Meeresablagerungen. Diese werden durch Wasser gelöst und durch dessen Verdunstung an die Oberfläche transportiert.
So reichern sich oberflächlich nicht unerhebliche Konzentrationen von Salzen an, die teilweise der Ernährung der Sukkulenten dienen. Je trockener, desto weniger organische Masse wird gebildet und auch umgesetzt und umso weniger spielt sie eine Rolle bei der Pflanzen-Ernährung. Das kann nebenbei verständlich machen, warum manche Kakteenarten Humus nicht gut an den Wurzeln vertragen (z.B. Lophophora williamsii) und regelrecht geschädigt werden, die Huminsäuren verätzen ihre Wurzelspitzen.
Lophophora williamsii
Die hohe Salzverträglichkeit vieler Sukkulenten wird durch folgendes Beispiel verständlich: in Trockengebieten fällt Niederschlag selten aber sehr heftig und in großen Mengen. Dabei lösen sich wiederum die oberflächlichen Salzanreicherungen im Wasser und werden in Senken gespült wo das Wasser verdunstet und das Salz übrigbleibt. In diesen Salzpfannen können nur noch Queller, sogenannte Halophyten (Salzpflanzen) überleben. Jedoch wurden auch schon Kakteen (Ariocarpus) unter solchen Bedingungen gefunden.
Ariocarpus retusus
Durch Blitze kann Luft-Stickstoff chemisch mit dem Regenwasser verbunden auf die Erde gelangen. Die wenigen Niederschläge arider Gebiete fallen häufig in Form heftiger Gewitter, daher ist diese Form des Stickstoff-Eintrags nicht unerheblich.
Daneben spielen spezielle Mikroorganismen die es nur in natürlichen ariden Böden gibt eine wichtige Rolle bei der Nährelemente-Gewinnung. Leider lassen sich diese bis heute nicht künstlich kultivieren.
Das Wissen um die natürlichen Gegebenheiten macht deutlich, dass eine ausreichende Düngung mit Mineraldüngern entgegen der landläufigen Meinung weitgehend den natürlichen Verhältnissen der Sukkulenten entspricht.
> Praxistipp 'Düngen & Gießen'